Kamishibaibild von hoppipolla in einem Holz-Kamishibai-Rahmen, davor sitzen Kinder und ein Erzähler zeigt auf das Bild

Kamishibai – das interaktive Erzähltheater

Auf den Kissen vor dem Kamishibai macht sich leise Aufregung breit: Die Kinder rücken zusammen, tuscheln und kichern. Wenn sich die Türen des Erzähltheaters öffnen, erfüllt eine gespannte Stille den Raum. Kaum erklingt die Stimme des Erzählers, sind die Kleinen mittendrin in der Geschichte: Sie staunen, lachen, erzählen aufgeregt und fiebern mit. Sie tauchen richtig ein in eine wundervolle Welt, die sie selbst mitgestalten können – das ist die Magie des Kamishibais.

Das japanische Erzähltheater verbindet Bilder, Sprache und Emotionen zu einem unvergleichlichen Erlebnis. Wer es einmal als Erzähler miterlebt hat, wird die leuchtenden Augen der Zuhörer nie vergessen.

Was heißt Kamishibai?

Kamishibai heißt „Papiertheater“ auf japanisch. Es besteht aus einem kleinen Bühnenrahmen aus Holz, meist im DIN-A3-Format. In diesen Rahmen werden die Geschichten-Bildkarten gesteckt, die der Erzähler dem Publikum nacheinander passend zum Verlauf der Geschichte zeigt. So können die Zuschauer die Handlung nicht nur hören, sondern auch mitverfolgen und erleben – fast wie im Theater.

Im Unterschied zum klassischen Bilderbuch steht beim Kamishibai das offene Erzählen im Mittelpunkt. Das Publikum wird aktiv einbezogen: Es darf Fragen stellen, eigene Beobachtungen teilen und sogar Teile der Geschichte miterzählen. So entsteht ein lebendiges, gemeinsames Erzähl-Erlebnis.

Grafik: Früherer Kamishibai-Erzähler auf dem Fahrrad in Japan

So stellt sich die AI eine Szene im frühen Japan vor, als die Süßwarenverkäufer mit ihrem Rad von Dorf zu Dorf zogen - ein Kamishibai als Köder für die potentiellen Kunden im Gepäck.

Die Geschichte des Kamishibai – Clevere Marketingstrategie früherer Süßwarenhändler

Im 12. Jahrhundert setzten buddistische Wandermönchen das Kamishibai ein, um mithilfe von Kamishibai-Bilderrollen buddhistische Weisheiten ins Volk zu bringen.

Ein paar Jahrhunderte später entdeckten clevere japanische Süßigkeitenverkäufer das Erzähltheater für sich – als perfekte Marketing-Idee. Mit einem Holzrahmen auf dem Gepäckträger radelten sie von Dorf zu Dorf. Sobald sie anhielten, versammelten sich die Kinder um sie herum. Aus dem kleinen Theaterrahmen erzählten die Händler spannende, fortlaufende Geschichten – ein echtes Serien-Straßentheater! Und wie praktisch: Den passenden Snack zum Theaterbesuch hatten sie gleich im Gepäck. Kein Wunder, dass die Kinder die Ankunft des Süßigkeitenverkäufers kaum erwarten konnten!

Mit dem beliebter werden vom Fernsehen geriet das Kamishibai langsam in Vergessenheit – viele Bildkartengestalter konzentrierten sich fortan auf das Zeichnen von Mangas.

Erst 1970 tauchte das Kamishibai auf der Internationalen Kinderbuchmesse in Bologna wieder auf und brachte es damit nach Europa.

Kinder lauschen einer Kamishibai-Erzählerin im Kindergarten

Ob Kindergarten, Vorschule oder Schule - vor allem Kinder begeistern sich für vorgetragene Geschichten.

Heutige Einsatzbereiche des Kamishibai

Das Kamishibai hat längst seinen festen Platz in der modernen Bildungs- und Freizeitgestaltung gefunden. Dank seiner Vielseitigkeit eignet es sich für viele Altersgruppen und Einsatzbereiche:

  • Kindergarten: Hier begeistert es schon die Kleinsten. Durch die Kombination aus Bildern und lebendigem Erzählen fördert es die Sprachentwicklung, die Konzentrationsfähigkeit und die Fantasie. Schwierige Themen können ganz kindgerecht aufgearbeitet werden.
  • Vorschule: Hier können Kinder spielerisch auf die Schule vorbereitet werden. Besonders in der Sprachförderung für Kinder mit unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen ist Kamishibai ein wertvolles Werkzeug.
  • Grundschule: In der Grundschule wird Kamishibai nicht nur im Sprachunterricht eingesetzt, sondern auch fächerübergreifend, wie zum Beispiel in Kunst, Sachkunde oder Religion. Mit den vielfältigen Themen in Kamishibai-Geschichten lassen sich auf kindliche und spielerische Weise komplexe Zusammenhänge erklären oder zu Denkanstößen anregen.
  • Kindergeburtstage und saisonale Feste: Kinder lieben Geschichten! Warum also nicht besondere Anlässe wie Weihnachten, Ostern oder einen Geburtstag mit einem Kamishibai bereichern? Die Erzählungen eignen sich toll als stimmungsvoller Übergang etwa vor dem Abendessen, der Ostereiersuche oder dem Geschenkeauspacken. Ein Rätsel- und Abenteuer-Kamishibai kann zudem prima als ruhige, wetterunabhängige Alternative zur klassischen Schnitzeljagd dienen.
  • Seniorenarbeit: Auch in der Seniorenarbeit hat das Kamishibai bereits Gefallen gefunden – auch wenn es hier noch nicht so bekannt ist. Die bildgestützten Erzählrunden wecken Erinnerungen, regen zum Austausch an und fördern die geistige Aktivität.

Was fördert man mit einem Kamishibai?

Das Kamishibai-Erzähltheater fördert Vieles: Es regt die Fantasie an und ermutigt die Zuhörer, eigene Lösungen für die Herausforderungen der Geschichten zu finden. Sie entdecken Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Gefühle und Werte und lernen so wichtige Aspekte des sozialen Miteinanders kennen. Beim Zuhören und Miterzählen erweitern sie zudem ihren Wortschatz und entwickeln ein besseres Verständnis von Begriffen.

Auch wichtige soziale Fähigkeiten werden gefördert: In der Kamishibai-Runde üben die Kinder, aufmerksam zuzuhören, andere ausreden zu lassen und ihre eigene Meinung respektvoll zu äußern. So trägt Kamishibai nicht nur zur sprachlichen, sondern auch zur sozialen Entwicklung der Kinder bei – und das auf spielerische und lebendige Weise.

kamishibai-geschichte auf einem Blatt zum Durchlesen

Gehört zur Vorbereitung einer Kamishibai-Geschichte dazu: Das gründliche Durchlesen der Kamishibai-Geschichte

Wie funktioniert das Kamishibai in der Praxis?

Für Zuhörer mag das Kamishibai zwar magisch wirken, es vorzutragen ist aber kein Hexenwerk. Die meisten Kamishibais haben 6-15 Bildkarten. Zeitlich sollte man dafür zwischen 15 und 30 Minuten einplanen - je mehr Zuschauer-Einbindung und je erzählfreudiger die Zuhörer, desto länger geht die Geschichte.

Für eine gelungene Erzählung ist etwas Vorbereitungszeit nötig: für den „Theaterraum“ und um die Geschichte vorher einmal durchzulesen und sich einen Überblick zu verschaffen über die Möglichkeiten der Zuschauer-Einbindung.

1. Durchlesen der Geschichte

Das ist der wohl wichtigste Teil für ein gelungenes Erzähl-Erlebnis: Je besser der Erzähler die Geschichte kennt, desto besser kann er sein Publikum mitreißen. Deshalb ist es wichtig, sich mit der Geschichte vertraut zu machen, um später beim Vortragen nicht 1:1 ablesen zu müssen, Textzeilen suchen zu müssen und Zeit und Raum zu haben für die Zuschauer-Erzählungen – die das Kamishibai zu etwas Besonderen machen.

2. Aufbau einer Theateratmosphäre

Um eine gemütliche und spannende Erzählumgebung zu schaffen, sollte der Raum zum kleinen „Theaterraum“ gestaltet werden. Hier kann man den Kamishibai-Rahmen z.B. etwas erhöht auf ein kleines Tischchen stellen, davor werden im Halbkreis Kissen gelegt, die die Kinder zum Sitzen einladen. Wichtig ist eine ausreichende Beleuchtung, damit die Bilder von allen Plätzen aus gut sichtbar sind. Hier eignet sich ein Spotlicht auf das Bild und sanftes, indirektes Licht für die Stimmung.

Kamishibai-Glöckchen zur Einstimmung der Geschichte

Ein kleines Glöckchen kann für das Eröffnungs- und Abschlussritual genutzt werden - das schafft den nötigen Übergang von dem Hier-und-Jetzt und der Kamishibai-Geschichte.

3. Einladung zur Geschichte

Um die Aufmerksamkeit der Kinder zu fokussieren, beginnt der Vortrag oft mit einem kleinen Ritual. Ein Vers, ein klingendes Glöckchen oder eine kurze Einleitung stimmen die Zuhörer auf die bevorstehende Geschichte ein und schaffen einen besonderen Moment des Übergangs. Ideen zum Nachmachen gibt es hier.

4. Erzählen mit Bildkarten und aktiver Beteiligung

Nun beginnt das Erzählen. Bild für Bild wird die Geschichte präsentiert. Dabei ist es wichtig, die Kinder immer wieder mit einzubeziehen, etwa durch Fragen oder Erzählanreize:

  • Eigene Erfahrungen teilen: Kinder fragen, ob sie Ähnliches erlebt haben oder kennen.

  • Rätsel stellen: Mitdenken und Aufmerksamkeit fördern, indem man kleine Rätsel oder Denkanstöße einbaut.

  • Entscheidungen treffen lassen: Kinder fragen, wie sie selbst handeln würden, wenn sie in der Situation der Figuren wären.

  • Emotionen erkennen: Kinder beschreiben lassen, wie sich die Figuren fühlen und zum Austausch darüber anregen.

Diese aktive Beteiligung fördert nicht nur die Sprachkompetenz, sondern auch das Einfühlungsvermögen und die Fantasie.

5. Abschluss der Geschichte

Zum Abschluss sorgt ein erneutes klingendes Glöckchen oder ein gemeinsamer Schlussspruch für einen klaren und ruhigen Abschluss. Dies hilft den Kindern, sich aus der Geschichtenwelt wieder in den Alltag zurückzubewegen.

Gut beleuchtetes Kamishibaibild

Licht aus - Spot an: Eine Spotlampe sorgt für gute Sicht und einen magischen Theater-Effekt.

Erzähltipps für die Arbeit mit einem Kamishibai

Ganz allgemein: Es lohnt sich, sich Zeit zu nehmen – für jede Karte, für das deutliche Lesen der Geschichte und für die Erzählungen der Kinder. Die Stimme darf sich verändern: leiser werden, wenn es spannend wird, oder lauter, wenn ein Charakter aus der Geschichte laut wird. So entsteht eine besondere Atmosphäre, die das Publikum fesselt. Wie genau das gelingen kann – und wie der Umgang mit Störenfrieden oder Zappelkindern gelingt – wird in diesem Ratgeber ausführlich beschrieben.

Häufige Fehler beim Einsatz von Kamishibai und wie man sie vermeidet

Keine Angst vor Fehlern! Mit der Zeit wird der Umgang mit Kamishibais immer leichter. Je häufiger sie eingesetzt werden, desto vertrauter und einfach wird es. Einige typische Stolpersteine lassen sich jedoch von Anfang an vermeiden:

  1. Zu schnelles Lesen: wenn die Zuhörer nicht folgen können, baut sich keine Verbindung und keine Spannung auf. Das Publikum wird unruhig – und das stört auch die Kinder, die noch von der Geschichte gefesselt sind.

  2. Zu viel ablesen: Der Text muss nicht wortwörtlich wiedergegeben werden – es darf gerne in eigenen Worten erzählt und der Text lediglich als Leitfaden genutzt werden. Das wirkt authentischer und fördert die Verbindung zum Publikum.

  3. Schlechte Beleuchtung der Bilder: Wichtig ist, dass alle im Raum eine gute Sicht auf die Bilder haben. Eine gezielte Beleuchtung, zum Beispiel durch einen Spot, lenkt die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche und verstärkt den Theatereffekt.

  4. Fehlender Abschluss: Ist die Geschichte gelungen, bleibt das Publikum bis zum Schluss im Abenteuer gefesselt. Umso wichtiger ist ein passender Abschluss, der alle wieder sanft in den Alltag zurückholt. Das kann ein Vers sein, eine kleine Glocke oder auch das Wiederholen des Einstiegsrituals.

Kamishibai im Wohnzimmer

Kamishibai im Wohnzimmer: Mit ein paar Tipps lässt sich das Publikum auch hier fesseln.

Was braucht man für einen Kamishibai?

Für ein Kamishibai-Theater im eigenen Wohnzimmer braucht es nicht viel – und doch entsteht mit wenigen Mitteln eine ganz besondere Atmosphäre. Im Mittelpunkt stehen die Geschichten und Bildkarten, die das Erzähltheater lebendig machen.

Man braucht: Eine passende und liebevolle Geschichte

Die Auswahl an Kamishibai-Geschichten ist riesig und bietet für nahezu jede Gelegenheit und jedes Alter passende Themen. Besonders beliebt sind:

  • Weihnachten und Nikolaus: stimmungsvolle Erzählungen rund um Advent, Heilige Nacht und Familienbräuche.

  • Ostern: Liebevolle Geschichten zum Frühlingserwachen und Osterfest

  • Frühling: Geschichten von der Blütenzeit, von Neuanfang und fröhlichen Frühlingsabenteuern.

  • Sommer: leichte, fröhliche Geschichten voller Wasserspaß, Urlaubs-Entdeckungen und Sommergefühle

  • Herbst: stimmungsvolle Erzählungen über Ernte, bunte Blätter, Drachenfliegen und gemütliche Tage

  • Winter: Geschichten von Schnee, Kälte, Schlittenspaß und winterlicher Magie - Hier geht es zu den Jahreszeiten- und Fest-Geschichten von hoppipolla.

  • Kindergeburtstage: Geschichten, die sich perfekt für kleine Feiern und besondere Momente eignen – hier gibt es die einzigartige Kamishibai-Geschichten von hoppipolla speziell für Kindergeburtstage.

Man braucht: Ein Erzähltheater – oder vielleicht auch nicht

Das klassische Kamishibai-Erzähltheater ist ein stabiler, meist aus Holz gefertigter Rahmen mit zwei seitlichen Flügeltüren. Es ist in vielen Varianten im Handel erhältlich. Die Anschaffung ist allerdings kein günstiger Spaß – deshalb gibt es im Internet auch viele Ideen und Tutorials, wie man Kamishibai-Theater selbst basteln kann.

Wer Zeit und handwerkliches Geschick hat, kann einen Rahmen aus Holz selbst bauen. Genauso geht es aber auch mit Pappe. Hier geht es zur Anleitung, wie man ein Kamishibai aus Pappe mithilfe Versandkartons oder alter Spieleschachteln nachbauen kann.

Kamishibaibild auf einem Bücherständer als Alternative zum Kamishibairahmen

Kamishibai lässt sich auch ohne Holz-Theaterrahmen vortragen: zum Beispiel mit einem Bücherständer.

Erzählen ohne Kamishibai-Theater

Natürlich lässt sich die Bildergeschichte auch ohne Kamishibai vortragen, indem man die Bilder einfach in der Hand vor sich hält, einen Bilderrahmen, einen Bücherständer oder eine kleine Staffelei nutzt. So lässt sich das Kamishibai-Prinzip überall flexibel einsetzen – ob zu Hause, im Kindergarten oder bei einem Kindergeburtstag. 

eKami oder eKamishibai – die Alternative zum Kamishibai

Das eKami wird bereits in vielen Grundschulen erfolgreich eingesetzt. Im Unterschied zum japanischen Erzähltheater mit analogen Bildkarten im Holzrahmen, werden die Bilder beim eKami digital per Beamer oder interaktivem Whiteboard präsentiert.

Das geht natürlich auch im eigenen Wohnzimmer: So können Eltern gemeinsam mit ihren Kindern Geschichten auf dem großen Bildschirm erleben und das Kamishibai-Prinzip flexibel in den Familienalltag integrieren.

Zu den Kamishibai-Downloads von hoppipolla geht es hier.

Kamishibai-Abenteuer von hoppipolla

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